Halbzeit. Und Schlusspfiff?!?

Tag 75 meiner Reise: Halbzeit – so war der Plan. Aber die glitschigen Felsen an der Bay of Islands wollten meinen Zehenstegpantoletten beim abendlichen Küstenspaziergang nicht ausreichend Halt bieten. Sturz, dickes Knie, ab zum Arzt, nur die Hälfte verstanden, ADAC-Krankenversicherungs-Hotline angerufen, Rücktransport nach Auckland und Heimflug am Karfreitag organisiert. Frohe Ostern! Immerhin darf ich mein Knie mit Eis in der Business Class kühlen…

Dabei hatten die letzten 3 Wochen auf der Nordinsel vielversprechend begonnen. Die Fähre von Picton nach Wellington hatte aufgrund heftigen Seegangs knapp 2 Stunden Verspätung bei der Abfahrt, und auch wir konnten noch in den Genuss hoher Wellen kommen…
Kurz vor Mitternacht in Wellington angekommen, war ein schneller CheckIn im Hostel geplant, bevor wir noch einen St. Patrick’s Day-Absacker in einem der Irish Pubs nehmen wollten. In der Theorie war der CheckIn im dieses Mal frühzeitigst gebuchten Hostel wohl überlegt: Da die Rezeption um 22 Uhr schloss, sollte unser Schlüssel im Zimmer liegen, und die Tür offen sein. Und der Schlüssel lag auch tatsächlich im Zimmer, nur die elektronische Tür war vorschriftsmäßig verschlossen!
Im Foyer wollten wir erst die Sofas in Beschlag nehmen, dann bot uns Alex, ein Kiwi, an, dass in seinem Zimmer noch 2 Betten frei wären. Da wir, wie er auch, jedoch noch um die Häuser ziehen wollten, tauschten wir unsere Handynummern aus, um uns später zwecks gemeinsamer Rückkehr ins Hostel zu treffen; er war schließlich der Herr der Schlüsselkarte.
Nach zwei leckeren Drinks und jeder Menge grün verkleideter, meist bis zum Anschlag betrunkener Leute trafen wir Alex wieder – in einem ähnlichen Zustand. Aber aufgrund seiner hervorragenden Connections zu diversen Tabledance-Bar-Besitzern in Wellington durften wir noch ein bisschen Kiwi-Haut für Umme anschauen… man muss ja beurteilen können, ob die Mädels hier genauso gut tanzen können wie im Dollhouse in Hamburg. Und ja – es war sehr nett!

Gegen Halb Fünf gings dann ins Hostel zurück – und aus dramaturgischen Gründen machten wir es uns doch lieber auf dem Sofa im Foyer bequem; die dadurch deutlich verbesserte Verhandlungsposition für die morgendliche Beschwerde über den missglückten Zimmerzugang verschaffte uns eine kostenlose Sofa-Übernachtung und einen Rabatt auf die zweite Nacht. Die ursprünglich geplante dritte Nacht sagten wir gefrustet ab, und zogen über Napier weiter zum Lake Taupo. Eine goldrichtige Entscheidung, denn gemeinsam mit Dani, Nadine und Tobi aus Deutschland, die wir im Backpacker in Turangi trafen, machten wir uns bei unsicherer Wettervorhersage frühmorgens auf in den National Park: Tongariro Alpine Crossing, ein 19km- und 8-Stunden-Track entlang von Vulkankratern und türkisblauen Kraterseen auf knapp 1900m, wartete auf uns. Und der Himmel strahlte nur so vor Blau – den ganzen Tag. Nur einen Tag später mussten Wanderer aufgrund von Sichtweiten unter 1m und Temperaturen um den Gefrierpunkt umdrehen… Glück gehabt!

Etwas Zeit zum Lernen blieb wie immer übrig:

1. Wenn Dir eine durchaus attraktive Empfangsdame im Hostel in Wellington sagt, dass auf dem nahegelegenen wilden Parkplatz gerne Autos abgeschleppt werden, dann sollte man das nicht nur tagsüber, sondern auch nachts beherzigen. Denn während ich für den 2. Tag bereitwillig einige Dollars für einen anderen Parkplatz hinblätterte, sollte für die letzte Nacht nochmals der wilde Parkplatz ausreichen. Und siehe da, welch Freude morgens um 8 Uhr: Das Fahrzeug war weg! Unfairerweise auch nur meines – die Kiwis werden hier wohl bevorzugt behandelt. Nach zwei Telefonaten und einer Taxifahrt ans andere Ende von Wellington überreichte ich einem etwa doppelt so schweren und heftigst tätowierten, aber nicht gerade höchst intelligent dreinblickenden Abschleppdienst-Angestellten 210 Dollar, warf ihm einen abwertenden Blick durch die Gitterstangen zu (die Jungs wissen, warum sie sich mit Stahl schützen müssen…), und stieg in mein Auto.

2. Wenn Du eigentlich eine abenteuerliche Tour durch die Waitomo Glowworm Caves gebucht hast, morgens aber Dein Magen verrückt spielt, sag die Tour lieber ab, und schaue Dir entspannt das Kiwihouse in Otorohanga an. Die beiden futtersuchenden Nationaltiere im Dunkel-Gehege sind zwar nicht annähernd so spannend wie die freilebenden Gefährten auf Stewart Island, aber im Freigehege wartet die wohl zahmste Ente der Welt auf Dich. Hand vor die Brust, und schon springt das gute Tier auf Deine Hand. Ein paar Streicheleinheiten dazu, und Du hast für die nächste Stunde einen treuen Freund, der Dich nicht mehr alleine lässt.

3. Eine unabhängige Studie der Cook Adventure Tours Travel Agency Inc. hat ergeben, dass negative, ja beinahe schicksalsbehaftete Statements bei Facebook eine etwa zehnfach höhere Aufmerksamkeit und Kommentier-Bereitschaft im Freundeskreis erzielen als positive Berichte über Strandspaziergänge, Sonnenuntergänge und blabla.
Die erstaunlichste Reaktionszeit auf solch eine Nachricht lieferte dabei die Mutter des Eintragenden ab – obwohl sie keinerlei Internet-Zugang hat. Nur 15 Minuten nach Going Live erkundigte sie sich telefonisch nach dem Wohlbefinden des Autors – ohne zu wissen, was geschehen war.
Ähnlich gut war die Reaktionszeit aus dem engsten Freundeskreis: Trotz beinahe mitternächtlicher Veröffentlichungszeit (Ortszeit Germany) kamen innerhalb von einer Stunde eine Mail bei Facebook, drei (netzbedingt vergebliche) Anrufversuche und zwei SMS via Handy.Auch die Kommentierfreudigkeit auf Facebook selbst erzielte innerhalb einer ersten 3-Stunden-Periode erstaunliche 5 Feedbacks mit zumeist aufmunternden Beileidsbezeugungen.
Auch nach Tagesanbruch (Ortszeit Germany) und damit ansteigender Facebook-Nutzung stieg die Kommentar-Bereitschaft nochmals signifikant an. Sowohl regelmäßig am Geschehen des Autors Beteiligte als auch „Gelegenheits-Kontakter“ brachten erneut ihr Mitgefühl zum Ausdruck. Aus einigen Kommentaren war darüber hinaus erkennbar, dass auch im Umfeld der Kommentierenden über das „Drama“ diskutiert wurde, was den Nachrichten-Verbreitungs-Faktor nochmals um ein Vielfaches anhob.

Die Studie zeigt deutlich, dass unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Botschaft selbst an einem 1. April erschütternde und herzergreifende Schicksalsschläge die Menschen deutlich mehr bewegen als ein traumhafter Sonnenuntergang am 90-Miles-Beach in Ahipara. Und morgen werde ich mir den nochmals anschauen… mit zwei gesunden Knien (hoffe ich).

In diesem Sinne ab sofort wieder ehrliche Grüße in die Heimat, und sorry für die eine oder andere Sorgenfalte auf Eurer Stirn…

Ach ja, am 18.06. bräuchte ich noch 3-4 Bodygards, die mich am Hinterausgang des Frankfurter Flughafens abholen… Gerüchten zufolge wollen mir mehrere weibliche „Fans“ die Knie zertrümmern… 😉

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